Heizen im Denkmal – digital, effizient, klimafreundlich
Konstanz spart Energie – mit smarten Thermostaten in Schule & Rathaus
Im Jahr 2019 erklärte Konstanz als erste Stadt Deutschlands den Klimanotstand – ein Meilenstein, der eine tiefgreifende Transformation der kommunalen Klimapolitik einleitete.
In diesem Zusammenhang wurde die Abteilung Energiemanagement im Hochbauamt neu gegründet und schrittweise ausgebaut. Heute arbeiten dort sieben Fachkräfte an zentralen Aufgaben wie der energetischen Sanierung städtischer Gebäude, der Optimierung von Heizsystemen sowie dem Ausbau von Photovoltaikanlagen.
Ein zentraler Bestandteil dieser Entwicklung war die Erstellung eines umfassenden Sanierungsfahrplans sowie die Definition eines Dekarbonisierungspfads für städtische Liegenschaften. Unterstützt durch externe Fachberaterinnen und -berater wurden konkrete Maßnahmen erarbeitet, um fossile Heizsysteme durch moderne, klimafreundliche Alternativen zu ersetzen – etwa durch Eigenbauprojekte, Einspar- oder Wärmecontracting.
In diesem Showcase stellen wir zwei denkmalgeschützte Gebäude der Stadt Konstanz vor, bei denen mit wenig Aufwand und ohne Eingriff in die Gebäudehülle beachtliche Energieeinsparungen erzielt werden konnten.
Ausgangszustand
Das historische Rathaus der Stadt Konstanz stammt aus dem
16. Jahrhundert und steht unter Denkmalschutz. Auf einer Fläche von 4.930 m² ist das Dezernat 1 untergebracht, mit z.B. der Chancengleichheitsstelle und dem Amt für Digitalisierung und IT.
Die seit 2014 bestehende Stephansschule ist eine Grundschule mit Montessori-Pädagogik. Sie befindet sich im Herzen der Konstanzer Altstadt in einem beeindruckenden Gebäude aus dem Jahr 1255 – einem ehemaligen Franziskanerkloster.
Gebäudetyp: Nichtwohngebäude
Anzahl Heizkörper: 124 im Rathaus und 205 in der Stephansschule
Umsetzungszeitraum: 2021-2022
Ziel: CO₂-Reduzierung, Heizenergie einsparen
Einsparung Rathaus*: 115.000 kWh/a (22 %), 12.650 €/a (2 Jahre Amortisation), 23t CO2/a
Einsparung Stephansschule*: 190.000 kWh/a (25 %), 20.900 €/a (2,5 Jahre Amortisationszeit) 38t CO2/a
*Durchschnittswerte der Verbräuche 5 Jahre vor und 3 Jahre nach der Maßnahme. Für die Amortisation wurde der Erdgaspreis 2024 benutzt.
Fördermittel: keine
Maßnahmen
Aufgrund des Denkmalschutzes dürfen im Rathaus nur reversible Maßnahmen umgesetzt werden – also Eingriffe, die keine dauerhaften baulichen Veränderungen verursachen. Um dennoch die Energieeffizienz zu steigern, setzt die Stadt auf digitale Thermostate des Hamburger Anbieters vilisto. Dabei werden lediglich die vorhandenen analogen Thermostatventile ausgetauscht; ergänzend werden einige Gateways zur Datenübertragung im Gebäude installiert – vollkommen ohne Eingriffe in die historische Bausubstanz.
- Rathaus Konstanz: Das Gebäudeensemble stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Rathausinnenhof ist vom Geist der italienischen Renaissance geprägt, das Herzstück bildet das ehemalige Zunfthaus „Zur Salzscheibe“. Der mittelalterliche Ratssaal befindet sich im Haus „Zum Thurgau“. Sehenswert sind zudem die Fassadenmalereien von 1864 sowie die Wandbilder von Carl von Häberlin (1898) im ersten Obergeschoss.
- Stephansschule: Die Schule ist in einem ehemaligen Franziskanerkloster aus dem Jahr 1255 untergebracht und wird seit 2014 als Grundschule genutzt.
Vorteile smarter Ventile
- Digitales Wärmemanagement: Die zentrale Steuerungs- und Monitoring-Plattform reduziert den Aufwand für manuelle Einstellungen und Wartung vor Ort deutlich.
- Integrierte Anwesenheitssensoren: Die Thermostate verfügen über eine Sensorik zur Anwesenheitserkennung. Mithilfe von Bewegungs-, Schall- und Lichtsensoren analysiert das System, wann und wie ein Raum genutzt wird. Die Heizleistung wird daraufhin automatisch angepasst.
- Intelligentes System: Das System passt sich kontinuierlich an das Nutzungsverhalten an und optimiert die Heizphasen eigenständig. Es erkennt unter anderem geöffnete Fenster und reduziert in solchen Fällen automatisch die Heizleistung – ganz ohne zusätzlichen Eingriff.
- Hoher Nutzerkomfort: Trotz Automatisierung bleibt die manuelle Steuerung jederzeit möglich: Nutzende können die Temperatur direkt am Thermostat einstellen. Das System speichert diese Einstellungen und sorgt dafür, dass der Raum künftig rechtzeitig angenehm temperiert ist.
- Digitaler, adaptiver hydraulischer Abgleich: Die vilisto-Thermostate ermöglichen einen vollständig digitalen, adaptiven hydraulischen Abgleich – ganz ohne aufwändige Maßnahmen an der Heizungsanlage.
Energie-Monitoring gemäß § 71a GEG
Sowohl das historische Rathaus als auch die Stephansschule unterliegen den Anforderungen des § 71a des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Dieser verpflichtet öffentliche Nichtwohngebäude mit einer Heiz- oder Kühlleistung über 290 kW zur Einführung eines kontinuierlichen Monitoringsystems.
Mit der intelligenten Thermostatlösung von vilisto setzt die Stadt Konstanz diese Vorgabe effizient und praxisnah um. Die Technologie ermöglicht ein kontinuierliches, digitales Monitoring des Heizverhaltens, schafft Transparenz über Energieverbräuche und bietet die Grundlage für gezielte Optimierungen.
So wird nicht nur die gesetzliche Vorgabe erfüllt, sondern auch ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiges, datenbasiertes Energiemanagement gemacht.
Herausforderungen
Akzeptanz und frühzeitige Einbindung des Personals: Insbesondere bei den technischen Mitarbeitenden, Lehrkräften und allen Nutzenden der Räumlichkeiten und Systeme. Für eine erfolgreiche Einführung digitaler Systeme ist es entscheidend, Nutzende frühzeitig aufzuklären und mit dem System vertraut zu machen. Schulungen und begleitende Informationsangebote sollten idealerweise bereits in der Planungsphase erfolgen, um Verständnis, Akzeptanz und die sichere Anwendung der Technologie – insbesondere der Online-Plattform – zu fördern.
Batterieverbrauch: Batteriebetriebene Thermostate können zu einer hohen Leistungsfähigkeit beitragen – insbesondere, wenn sie über Multisensorik verfügen, die Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht, Lärm und Bewegung erfassen. Allerdings sollte beachtet werden, dass der Batterieverbrauch stark von der Art der Nutzung und der Häufigkeit der Änderungen an den Einstellungen abhängt – nicht davon, dass der Verbrauch grundsätzlich hoch ist. In Schulgebäuden eignen sich solche Thermostate grundsätzlich gut, da die Raumnutzung in der Regel klar definiert ist. Bei häufig wechselnder Belegung sollte dies jedoch bei der Planung berücksichtigt werden.
Zugriffsschutz: Die Möglichkeit der manuellen Bedienung der Thermostate ist ein großer Vorteil in Bezug auf Nutzerkomfort. Gleichzeitig kann es in bestimmten Umgebungen, wie etwa Schulen, sinnvoll sein, einen zusätzlichen physischen Schutz anzubringen. Ein kindgerechter Ansatz sollte dabei bei der Planung mitbedacht werden.
Konstanz zeigt, wie Klimaschutz auf kommunaler Ebene funktioniert
Die Stadt Konstanz setzt verschiedene Maßnahmen um, für das Ziel der Klimaneutralität. Zum Beispiel beteiligt sie sich am dena-Modellvorhaben Energiespar-Contracting. Ziel ist es, durch Sanierungsmaßnahmen wie LED-Umrüstung und Photovoltaik an zwei großen Schulen mit dem größten Verbrauch Energie einzusparen. Das Projekt ist Teil des städtischen Dekarbonisierungspfads und ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Parallel dazu entstanden weitere Strukturen für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung – darunter das neu geschaffene Amt für Klimaschutz und das Projekt Smart Green City. Dieses befasst sich mit übergeordneten Fragestellungen des kommunalen Klimaschutzes und fördert die strategische Integration digitaler Technologien in nachhaltige Stadtentwicklungsprozesse.
Auch die Stadtwerke Konstanz treiben den Wandel aktiv voran. Sie entwickeln Machbarkeitsstudien und Konzepte zum Ausbau von Nahwärmenetzen, die künftig eine zentrale Rolle in der klimaneutralen Energieversorgung der Stadt übernehmen sollen.
Dieses Projekt zeigt beispielhaft, wie Digitalisierung, Klimaschutz und organisatorischer Wandel Hand in Hand gehen können – und wie kommunale Verwaltungen sich strategisch und technologisch auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten.
Kontakt

Raphael Reichle
Stadt Konstanz | Hochbauamt Energiemanager

